Sonntag, 30. August 2009

Lilli goes Reitpferd

Es kommt der Tag im Leben eines jeden Pferdes, an dem es für seinen Hafer auch mal etwas arbeiten muss.
Ich gebe zu meine Pferde sind diesbezüglich ziemliche Gewerkschafter.
Trotzdem brechen die Arbeitsreichen Tage nun auch für meine quirlige Ponystute Lilli an.
Es wird geschwitzt im Paradies, jawoll.
Ich habe beschlossen sie genau so unkompliziert unter den Reiter zu bekommen wie seiner Zeit Herbert.
Ohne viel Bohei, ohne Wochenlanges longieren, Stundenlanges an den Sattel gewöhnen, und aufwändiges Bodengearbeite zu vorherigen Stabilisierung ihrer Psyche.
Ich bin schließlich eine Frau der Tat und bei mir kommen nur die harten in den Garten, äh Pardon in die Reitbahn.
Leider gestaltet sich die Suche nach einem passenden Sattel für Lilli eher schwierig.
Die Dame scheint nämlich Exterieurmäßig direkt einem Gemälde von Franz Marc entsprungen.


Den für Weidepferde völlig überflüssigen Luxus eines Widerristes, wollte sie sich konsequenterweise auch nicht gönnen.
Also habe ich mir von Freunden einen Sattel aus Beständen eines geräumten Dachbodens geborgt. Ohne Reitergewicht muss das gehen.
Frohen Mutes putze ich mein kleines Reitschwein und finde, heute ist der Tag der Tage.
Es liegt quasi in der Luft. Lilli wird Reitpferd.
Also hole ich die olle Pritsche aus der Sattelkammer und wackele gen Stallgasse.
Als Lilli mich mit diesem seltsamen Teil auf dem Arm erblickt, geht der Dressurstar in ihr durch.
Sie fängt nervös an mit den Augen zu rollen und beginnt im Doppelseitigen Anbinder, hektisch auf der Stelle zu trippeln.
Stolz wie Bolle schaue ich mir das Spektakel an. Es hat etwas von Piaffearbeit in den Pilaren. Das lässt Großes erahnen.
Viel zu schnell beruhigt sie sich wieder, so das ich mit dem Sattel näher kommen darf.
Ein mal kurz Riechen und schwupp, liegt das Leder auf dem Rücken.
Der Moment der Wahrheit ist gekommen, passt der beiliegende Gurt?
Ich muss mich tief bücken und fühle mich, so abtauchend an meine Kinderzeit zurück erinnert. In der mir einiges leichter gefallen ist.
Ich angele also nach dem Gurt und will ihn hochziehen, da rumst es.
Ich habe die Strecke Gurt, Bauch etwas überschätzt und zu stark gezogen.
Ohne Widerrist, gibt es nicht diesen typischen kurzen Widerstand, der vermutlich verhindert hätte, daß ich den Sattel ungebremst einfach über den Rücken gezogen habe.
Es hat also doch einen Vorteil das ich den kurzfristig angedachten Maßsattel bei Berthold nicht durchsetzen konnte.
Lilli hat dieser Vorfall zu nächst nicht weiter tangiert. Sie steht da und wundert sich höchstens über die seltsame Perspektive, von der ich sie lauernd beobachte. In Erwartung einer verschreckten Reaktion.
Sie scheint irgendwie zu überlegen, warum ich sie so seltsam ansehe. Es geht ihr langsam auf, das etwas passiert sein muss, das irgendeinen Einsatz von ihr verlangt. Während sie noch überlegt, krabbele ich vor ihr entlang um den Sattel zu retten.
Als sie mich mit diesem Dings da vor ihr auftauchen sieht, fällt es ihr wieder ein.
Ein Fremdkörper, sie fängt das nervöse trippeln an, das sie unnacharmlich perfektioniert hat.
Ich überlege kurzfristig ob ich diese traumhaften Piaffeansätze mit dem Einwurf von Keksen positiv verankern sollte.
Entscheide mich aber dagegen. Denn mein 1. Wahlsatz lautet keine Kekse am Anbinder.
Also, hepp. Der Sattel landet wieder auf Lillis Rücken.
Ich begebe mich wieder in die demütige Stellung meiner Kindheit und ziehe nun den Sattelgurt an, nicht ohne den Sattel dieses Mal vehement gegen zuhalten.
Juhu, der Gurt passt gerade ins letzte Loch, der neue Greenguard wirkt kleine aber wirkungsvolle Wunder.
Einen kurzen neidischen Moment frage ich mich, ob ich den nicht auch mal an mir versuchen sollte.
In der Zwischenzeit ist Nicole angerückt. Das trifft sich gut, sie darf Lilli auf dem 1. Zirkel ihres neuen Lebens führen. Den Job der Dompteuse kann ich besser und verdecke damit vor Nicole, das ich schlicht zu faul zum neben her laufen bin. Die Sache mit dem Greenguard für mich, habe ich also ziemlich schnell verworfen.
Wir geleiten Lilli erfurchtsvoll auf den Reitplatz. Nicole führt sie an und schwuppdiwupp, trippelt unser kleines Pony mit den Bodenverachtenden Bewegungen eine Singer Nähmaschine um uns herum.
Völlig selbstverständlich, als hätte sie nie etwas anderes getan.
Selbst ein schön durch gestrecktes Vorwärts Abwärts bekommt sie zustande.
Na ja, um der Wahrheit genüge zu tun, macht es doch eher den Eindruck, als suche sie im Boden nach Trüffeln. Sie schiebt mit ihren Nüstern die lustigen Teppichschnitzel vor sich her.
Sie bockt sogar ein zwei mal vor Vergnügen. Nicht mal die Hunde, die sie zum spielen auffordern wollen bringen Lilli vom Kurs ab. Ich bin unendlich Stolz auf sie. 

Dienstag, 25. August 2009

Tür frei, Bitte!

Ich bin, also blog ich?!

Wir werden sehen. Ich bin gespannt, ob es tatsächlich so viel Spaß macht, wie ich Hoffe.
Ich wünsche euch auf jedenfall viel Spaß beim lesen meiner Gedanken, die sich zugegebenermaßen eher einseitig um meine Pferde drehen werden.
Also Herzlich Wilkommen und in diesem Sinne:

Tür ist frei!

Dumm ist der, der dummes tut


Ich halte mich für eine sehr verantwortungsvolle Pferdehalterin, die viel für die Sicherheit ihrer Pferde tut. Immer bedacht und versucht an alles zu denken. Jedes Ding wird kontrolliert und allzeit das für und wieder abgewogen.
Fahrlässige Fehler? Aber nicht mit mir...
Heute war diesbezüglich irgendwie nicht mein Tag. Das merkte ich bereits heute Morgen beim Aufstehen, irgend etwas ist anders. Meine innere Stimme stöhnt: bleib liegen, das hat heute keinen Zweck.
Paperlapp motivierte ich mich, uffstehen jetzt....
Als ich mir meinen Kakao anstatt in den Mund über meinen Ausschnitt gieße, meldet sich wieder das zarte Stimmchen: Ich habe es dir gesagt, unkt es. Geh wieder ins Bett, besser ist das.
Ja, ja, maul ich es nieder. Scheiße passiert. Ab unter die Dusche....danach geht es einem ja bekanntlich sofort besser, vor allem erfrischt es. Erst Recht, wenn man vergisst, das warme Wasser anzudrehen.
Nun noch schnell in die Gummistiefel geschlüpft und dann ab auf die Weide, bevor die doofen Vögel mir wieder die ganzen Bollen auseinander picken.
Frei nach dem Motto einer geht noch, belade ich meine Karre. Auch den letzten Haufen, will ich noch mit bekommen. Also kletterte ich kurzerhand auf den rollenden Misthaufen um ihn mittels Körpermasse ordentlich zu komprimieren.
Mein Gleichgewichtssinn funktionierte auch schon mal besser denke ich, als ich mich unvermittelt neben der Karre zwischen Pferdeäppeln und Maulwurfserde im Dreck liegend wiederfinde.
Meine Geduld mit mir selber hat so mit ein jähes Ende. Wut kommt auf und mit ihr das innere Stimmchen: Sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt...Ätsch Bätsch triumphierte es.
Halt die Klappe motzte ich, während ich mir den Dreck aus den Klamotten klopfe.
Wüsste ich es nicht besser, ich hätte schwören können, meine Pferde lachen recht Schadenfroh. Gut für mich, daß sie nicht auch noch mit dem Finger, äh pardon Huf auf mich zeigen können.
Immerhin regt der Vorfall ihre Darmtätigkeit an. Also packe ich schmollend noch die zwei neuen und recht stattlichen Haufen, auf die inzwischen wieder mühsam zusammen geklaubten Hinterlassenschaften in die übervolle Karre.
Normalerweise wähle ich den Weg unter dem Zaun entlang über die sichere und ebene Wiese. Dort rollt es sich besser. Mit dem Riesenhaufen auf der Karre passe ich aber nicht unter der Litze hindurch. Also muss ich notgedrungen die Rennbahn nehmen. Das Stimmchen piepste. Strigg lass das, das ist ruuuuuuuutschig. Strigg für die matschige Rennbahn ist die Karre zu schwer......
Weißt du was innere Stimme? Du kannst mich mal da küssen, wo ich keine Nase habe. Lass mich blos in Ruhe du hast für heute genug orakelt.....
Ja, ich war wütend und mit Wut im Bauch entwickele ich Bärenkräfte. Da werde ich zum Tier. Ich schiebe also die super schwere Karre wacker gen Mistwagen. Ich will gerade dem Stimmchen ne Nase zeigen, da merkte ich wie das Rad der Karre das gleiten anfängt. Na ja, was soll ich sagen.......
Die sich blitzschnell entwickelnde Eigendynamik, war durch mich natürlich nicht aufzuhalten.
Lange Rede kurzer Sinn... ich sammele den Scheiß mühevoll ein zweites Mal ein. Diesmal in zwei Touren. Ich habe ja sonst nichts zu tun. Außerdem bin ich, entgegen anders lautender Meinungen durch aus Lernfähig.
Dem inneren Stimmchen erteilte umgehend Redeverbot, bevor es einen Schadenfrohen Spruch zum Besten geben kann.
Ich beschließe dennoch im Stillen, künftig sofort auf es zu hören.
Ich öffne nur noch flink meine Boxentüren zum Paddock, damit die Pferde später ungehindert hinein können, steckte meine Klamotten in die Waschmaschine und beschließe den Rest des Nachmittages auf dem Sofa zu verbringen und mich nach Möglichkeit nicht mehr zu bewegen. Besser ist das wohl.
Ach ja, entsinne ich mich. Wir bekommen heute Abend noch Besuch, also noch schnell gesaugt und gewischt, der Besuch soll nicht denken, er sei bei den Flodders.
Aber nu. Die Couch ruft. Hach ist das herrlich, wenn man nach so einem Sch.... Tag in Ruhe relaxen kann. Aber was höre ich da? Ist das Hufgetrappel? Merkwürdig so laut? Ach was solls, die Zossen laufen bestimmt auf den Paddockplatten und darum tönt das so.
Neeeee sagt das Stimmchen, das kann nicht, das klingt nach Stein und die Hunde flippen auch aus.
Ach was sage ich zu mir. Die Hunde müssen die Pferde immer anbellen, wenn die hoch zum Stall kommen...
Das Stimmchen gibt keine Ruhe: Strigg guck nach, da stimmt was nicht....
Ach watt sage ich. Ich will jetzt endlich meine Ruhe, alles Tacco, ich kann nicht mehr....
Ich lehne mich zurück und will gerade die Fernbedienung der Glotze zur Hand nehmen, da höre ich es vom Hintereingang her seltsam trappeln. Im nächsten Augenblick steht Lisbeth in der Tür zwischen Wohnzimmer und Küche.
Na ja, stehen wäre schön. Sie piffelt!
Die anderen stehen im hinteren Garten und gucken dämlich durch die Fenster. 
Tja, sagt das garstige Stimmchen, wohl vergessen, die Boxentüren zur Stallgasse zu schließen, was? 
Als ich vor Schreck aufspringe, stoße ich mir mein Knie an der Ecke vom Glastisch. Lisbeth erschreckt und galöppelt völlig aufgeregt durch unser Haus. Hhhhm, denke ich, unter Stress kann sie den Arabereinschlag nicht verleugnen.
Irgendwie schaffe ich es dann doch, sie körpersprachlich (Monty Roberts wäre blass vor Neid) davon zu überzeugen, das sie wieder durch die Hintertür verschwinden soll. Der Bergabsprung von der Treppe, war Bilderbuchmäßig. 
Ich sage meinem Pony hiermit eine vielversprechende Karriere im Vielseitigkeitssport vorraus.
Förderne Hände voraus gesetzt.
Ich sammele also nach und nach meine abtrünnigen Pferde ein, die munter unseren englischen Rasen ruinieren und an den Ziergehölzen nagen. Ich brauche drigend so einen Griftpflanzenführer, denke ich.
Endlich stehen alle Pferde wieder in ihren Boxen, fressen gemütlich ihr Abendbrot und ich sitze auf meiner Chouch, völlig fertig und frage mich ob es Sinn macht das Chaos aus Hufförmigen Erdklumpen, umgeworfenen Bechern, und anderen umgestoßenen Gegenständen noch zu Beseitigen bevor der Besuch kommt. Oder ob ich dem Stimmchen endlich gehorche und mich einfach wieder ins Bett lege. 
Während ich mich das frage, kommt mir Forrest Gumbs alte Weisheit in den Sinn.
Mutter sagt: Dumm ist der der dummes tut.

*ursprünglich am 09.02.09  im Pferdeforum.org veröffentlicht*